Steckdosen im Bahnwagen

Ausnahmsweise bin ich mal mit offenen Augen durch die Welt gestolpert. Und da ich mich über meine kleine Entdeckung so gefreut habe, will ich meine Meldung auch Nichtzeitungslesern nicht vorenthalten. 😉

SBB
Steckdosen in Bahnwagen
Die SBB installieren in allen Abteilen der Langstreckenzüge Steckdosen – auch in der 2. Klasse. Seit Dezember sei ein mit Steckdosen ausgestatteter Prototyp unterwegs, bestätigt SBB-Mediensprecher Roland Binz eine Nachfrage dieser Zeitung. Ein Laptop-Signet an der Türe dieses Wagens macht auf die Stromanschlüsse aufmerksam. Die Steckdosen befinden sich in jedem Abteil oberhalb des Fensters. „Stromanschlüsse sind ein grosses Bedürfnis auf längeren Strecken – zunehmend auch bei Nicht-Geschäftsreisenden“, sagt Roland Binz. Bis aber alle Wagen ausgestattet sind, wird es noch mehrere Jahre dauern: Die SBB bauen die Stromanschlüsse ab Sommer während Grossrevisionen nach und nach in die Doppelstockwagen IC2000 und die einstöckigen „Einheitswägen IV“ ein. Bislang sind einzig die Business-Abteile in der 1. Klasse mit Steckdosen ausgestattet. Einzelne, etwas versteckt angebrachte Anschlüsse gibt es zwar in diversen aktuellen Wagen. Die SBB warnen aber vor dem Gebrauch: Stromspitzen könnten die angeschlossenen Geräte beschädigen. mbb

Eine kleine Messe

Die Zeit der grossen Computer-Messen geht offensichtlich zu Ende: Die Apple Expo belegt bloss noch drei Viertel des Obergeschosses einer Messehalle. Mitten darin steht ein verhältnismässig bescheidener Stand des Unternehmens mit Macs, iPods und Software. Darum herum bieten Softwareschmieden und Zubehörhersteller ihre Produkte feil. Vorbei sind die Zeiten, als Apple Journalisten aus ganz Europa einfliegen liess, Steve Jobs persönlich die Eröffnungsrede schwang und abends am Empfang im Musée d’Orsay exquisite Häppchen serviert wurden. Und das ist auch gut so.

17 weisse Pferde

Vor der Fahrt ins Pfingstwochenende noch eine Rosine aus dem Arbeitsalltag der vergangenen Woche. Am Montag erreichte uns eine Medienmitteilung von World Harmony Run – mit diesem knackigen Lead:

(Zürich/Gachuurt, Mongolei) Sri Chinmoy, der Initiator des globalen Fackellaufs „World Harmony Run“ und begeisterter Senioren-Gewichtheber, hob am Samstag, den 19. Mai, 17 weisse mongolische „Windpferde“, das Wappentier der Mongolei, auf einer Plattform empor.

Leider fehlte uns – und nicht nur uns – für die Publikation das passende Gefäss. Und vielleicht wollten wir auch einfach nicht auf die PR-Aktion eines Gurus hereinfallen. Apropos: Selbst Chinmoy hat mit seinen Wadenmuskeln und über einen Schulterhebel nicht 17 Pferde gleichzeitig gehoben, wie im 4. Abschnitt der Meldung dann doch noch klar wird, aber immerhin jeweils drei Tiere beziehungsweise bis 1100 Kilogramm. Damit habe Chinmoy versucht, „seine Anteilnahme für das Wohlergehen dieser wilden, freilebenden Tiere zum Ausdruck zu bringen“.

Nach solchen Geschichten geruhen Berner Gesprächspartner jeweils mit einem „Äuä?“ zu bekunden, dass sie nicht jeden „Chabis“ glauben, wie Reeto von Gunten gestern am Rabe-Fest ausgeführt hat. Deshalb füge ich als Erzähler vorsorglich bereits an: „Äuädescho“.

Cebit: Platznot

Hatte es schon mal so viele Journalisten? Bei meiner Rückkehr ins Medienzentrum sind sämtliche Arbeitsplätze besetzt. Die von der Messe zur Verfügung gestellten Computer sind belegt, und auch jeder freie Platz auf einem Tisch und jeder freie Stuhl. Einige Journalisten haben ihre Rechner auf den Schliessfächern installiert. Einige sitzen am Boden, das Notebook auf den Knien. Ist das nun ein Zeichen des Aufschwungs?

Die Messe erwartet während der Cebit-Woche insgesamt 10’000 Journalisten. Glücklicherweise sind die ersten bereits wieder nach Hause gereist. Und ich fahre jetzt auch.

Cebit: Grosser Preis

Daneben gibt es auch Spielereien: Die Easyshare V570 von Kodak hat ein zweites Objektiv eingebaut – damit man das ganze Panorama oder in kleinen Räumen alle Personen auf eine Aufnahme bringt.

Das habe ich in meinen Artikel Innovativ. Und skurril geschrieben, der heute in der BZ erschienen ist. V570 Ausgerechnet die besagte Kamera ist soeben vom Computermagazin Chip zum „Cebit-Highlight“ im Bereich Digitalfotografie gekürt worden – genau wegen des zweiten Objektivs:

Die handliche Style-Kamera löst ein Problem, an dem bislang alle kompakten Digitalkameras gescheitert sind: Echter Weitwinkel und Tele-Zoom lassen sich bei schicken Kompaktkameras nicht kombinieren. Kodak hat einen genial einfachen Ausweg gefunden: Der Hersteller baute in die EasyShare V570 neben einem 3-fach-Zoom (39 bis 117 Millimeter) noch ein zweites Objektiv ein. Das deckt mit einer Brennweite von umgerechnet 23 Millimetern einen sehr grossen Weitwinkelbereich ab – gerade bei Innenaufnahmen ein unschätzbarer Vorteil.

Daneben haben gewonnen: Intel mit dem neuen Doppelprozessor Core Duo (Kategorie Hardware), Panda mit dem pro-aktiven Sicherheitsprogramm Tru Prevent (Software), T-Mobile mit der HSDPA-Flatrate (Kommunikation), Texas Instruments mit dem Hosensack-LED-Projektor (Innovation), und in der Kategorie Unterhaltung gemeinsam Microsoft mit Xbox Live, Napster mit der Music Flatrate und Warner Bros mit In2Movies.

Cebit: Und los gehts…

Besucher

Heute Morgen wurden die Eingangsschleusen der Cebit für die Besucher geöffnet. Während die Besucher durch die Hallen wandelten, suchte ich im Medienzentrum Pressebilder zusammen und schrieb ein Textchen. Dann stand die Verleihung der iF Design Awards auf dem Programm. Im Laufe des Nachmittags führte ich ein Interview mit Manfred Wang, Chefdesigner bei Benq.

Nachlese: Die Grosswetterlage in der Branche ist gut.

Cebit: Tschoohoin dee Wischeeen

Die Cebit hat noch nicht einmal begonnen. Und schon ärgert sich manch ein Journalist im Medienzentrum über die Erkennungsmelodie der Messe. Das liegt weniger am Schweizer Sänger Patrick Nuo, der das Lied im Auftrag der Messe komponiert hat und heute Abend vor Angela Merkel und 2000 geladenen Gästen gemeinsam mit einem lokalen Chor intonieren wird. Es liegt eher daran, dass ein Teilchen der Erkennungsmelodie jedes Mal erklingt, wenn man die Cebit-Website ansurft. Und das passiert hier im Medienzentrum ziemlich oft…

Weblog: Alle casten Pod

Freund Tonjäger ist kaum noch zu bremsen. Er zieht die Tastatur zu sich. «Melanie C», tippt er im Adlersystem, drückt auf den Suchknopf, spielt den Hit an – jene paar Sekunden, die er anhören kann, bevor er zur Kasse gebeten wird. «Gwen Stefani» tippt er, «Mary J Blige» und «Fanta 4». Hätte der Berner Zeitungsblogger dem Freund Tonjäger nicht zackig die Tasten unter den zuckenden Fingern weggezogen – er hätte den halben Musikshop leer gekauft. Er sei nicht zum Shoppen da, gibt der Zeitungsblogger nun den Ton an. Er sei da, um den Rechner auf Vordermann zu bringen, und dem Tonjäger ein Update zu geben. Und nun wolle er ihm einen Podcast zeigen.

«Einen Podwas?», fragt der Tonjäger. Ein Podcast sei – grob gesagt – eine abonnierbare Radiosendung, doziert der Zeitungsblogger. «Und was bringt das?», unterbricht ihn der Tonjäger. Für ihn als Pendler seien Podcasts praktisch, fährt der Zeitungsblogger fort: Bevor er aus dem Haus gehe, stöpsle er den Musikplayer an den Rechner. Die abonnierten Sendungen würden dann automatisch darauf kopiert. «Ist das kompliziert?», fragt der Tonjäger. «Das schaffst auch du», kontert der Zeitungsblogger. In iTunes – der Software, die er soeben installiert habe – könne er Podcasts ganz einfach abonnieren. Mit Progrämmchen wie RSS-Owl, Juice oder jPodder sei es kaum komplizierter. «Schau», sagt er – und abonniert rasch das Echo der Zeit.

Freund Tonjäger ist begeistert. Er schnappt sich das Keyboard, abonniert den Podcast aus der Bundesrats-WG von Radio 24, und den nigelnagelneuen von Capital.fm. Er hätte auch gleich «International» und «Heute Morgen» von Radio DRS abonniert, und vom Fernsehen die Kassensturz– und MTW-Videos. Er hätte sich bei der BBC Reportagen der Korrespondenten geholt, bei CNN die News, bei NPR den Hintergrund und bei RFI das «Journal en français facile». Er hätte sich Weltwoche-Artikel vorlesen lassen, den Künstlergesprächen auf Artcast gelauscht. Irgendwann hätte er die Musik auf Netzlabels wie Starfrosch entdeckt. Und dann hätte der Zeitungsblogger plötzlich nichts mehr gehört von Freund Tonjäger. Deshalb nimmt er die Maus wieder selbst in die Hand und sagt: «Und nun zeige ich dir, wie du übers Internet telefonieren kannst.»

Doch auch dem Zeitungsblogger lassen die Podcasts keine Ruhe. Alle casten Pod, sinniert er beim Heimpedalen, bloss er tippe Textchen. Das müsse sich ändern, beschliesst er. Und deshalb macht er nun auch einen Podcast – demnächst in seinem nigelnagelneuen Weblog.

Meine Kolumne Weblog erscheint alle 14-Tage im Bund Showtime der Berner Zeitung. Der oben stehende Text wurde am 25. Januar 2006 in der BZ veröffentlicht und steht auch auf Espace.ch. Nach der Publikation erscheinen die Weblogs jeweils hier auf Borniert.com.