Bald hat er Ferien. Doch es ist wie immer: Vor dem Plausch hat der Zeitungsblogger einen Heidenstress. Er glaubt die Notizen ganz abtragen zu müssen, die sich auf seinem Pult stapeln. «Monopoly», steht auf dem obersten Zettel. Für Monopoly Live sind in Londoner Taxis GPS-Geräten montiert worden. Hält eines der Cabbies auf einem Feld, verdient dessen imaginärer Besitzer Geld. «Ein amusantes Spielchen für laue Nächte», murmelt der Zeitungsblogger.
Und er greift zum nächsten Zettel. «Einstein», hat er darauf gekritzelt. Wer in der Zeitungsblogger losen Zeit geistiges Futter brauche, tippt er augenzwinkernd, schmökere in den Annalen der Physik. In der alten Fachzeitschrift stehen 49 Artikel von Albert Einstein – inklusive jener vier, die er während des «annus mirabilis» in Bern geschrieben hat.
«Guantanamo», ist das nächste Stichwort. Eine Gruppe Freiwilliger ackert in einem Wiki gemeinsam die umfangreichen Protokolle der Befragungen der «feindlichen Kombattanten» auf Guantanamo durch, damit in den Papierbergen keine Hinweise auf allfällige Folterungen verschütt gehen. Apropos Wiki: Eigentlich hätte der Zeitungsblogger auch über Wikitorial schreiben wollen. Doch dann hat die «Los Angeles Times» ihr Projekt, bei dem die Leser einen Leitartikel aus der Zeitung nach ihrem Gusto umschreiben konnten, kurz nach dem Start wieder gestoppt. Einige Dummköpfe hatten dort Pornobilder veröffentlicht – statt sich auf die Debatte um die Fakten, Argumentationen und Wertungen einzulassen.
Zuunterst auf dem Stapel stösst der Zeitungsblogger auf die E-Mail eines umtriebigen Berner Musikus. Er habe mit seinen Starfröschen «etwas gebrutzelt», schreibt dieser darin. Okay, das schrieb er noch, als man gerne in geheizten Stuben tüftelte, muss der Zeitungsblogger nun eingestehen und streut sich Asche übers Haupt, von Nachbars Grill. Dafür rührt er jetzt ganz gewaltig die Werbetrommel: Den Sound für den Sommer gebe es gratis beim Netzlabel Realaudio.ch. Und das «kloine Fläschfroschgame», von dem der Musikus in der E-Mail berichtet, stehe noch immer auf Starfrosch.ch. Geeky, findet es der Zeitungsblogger.
Nun lehnt er sich zufrieden zurück. Er hat erledigt, was zu erledigen war. Er klappt sein Notebook zu, packt sein Bündelchen. Und als der erste Sonnenstrahl den Horizont rötet, entschwindet er dort, auf den Lippen ein munteres Wanderliedchen.
Meine Kolumne Weblog erscheint wöchentlich im Bund Showtime der Berner Zeitung. Der oben stehende Text wurde am 29. Juni 2005 in der BZ sowie auf Espace.ch veröffentlicht. Einige Tage nach der Publikation erscheinen die Weblogs jeweils hier auf borniert.com. Die nächste Kolumne erscheint wegen der Sommerpause erst Mitte August.
Ein Gedanke zu „Weblog: …und jetzt ab in die Ferien“